Mieterhöhung:
Indexklausel unwirksam - und jetzt?
(ho)
Was tun, wenn im Wohnungsmietvertrag eine unwirksame Indexklausel vereinbart
ist, die nur Mieterhöhungen möglich macht, aber keine Ermäßigungen
in Fällen, in denen der Bezugsindex sinkt?
Hintergrund:
Eine Indexklausel zur Mieterhöhung muss in beide Richtungen
funktionieren. Andernfalls ist sie unwirksam (AG Wolfenbüttel,
Urteil vom 11.11.2014 – 17 C 230/14 –, juris; Schmidt-Futterer/Börstinghaus,
15. Aufl. 2022, § 557 b BGB Rn. 58 mit weiteren Nachweisen; BeckOK
BGB/Schüller BGB § 557 b Rn. 21). Anstelle der unwirksamen
Klausel gilt dann das Gesetz (§ 306 Abs. 2 BGB). Mieterhöhungen
nach den gesetzlich zugelassenen Begründungsmitteln (§ 558 a
BGB) bleiben dann aber möglich.
Allerdings soll dies nach Auffassung des AG Hannover nicht gelten, wenn
nach dem dort geltenden qualifizierten Mietspiegel auf die danach berechnete
Einzelvertragsmiete erhöht wird, ohne den maximalen Mietwert zu berücksichtigen,
der nach der unwirksamen Indexklausel - im Niveau darunter liegend - möglich
gewesen wäre (AG Hannover, Urteil vom 21.2.2023 - 443 C 4261/22,
IMR 2023, 360). Anders formuliert: Die Mieterhöhung soll durch das
nach der unwirksamen Indexklausel zu erreichende Mietniveau begrenzt sein
und kann nicht bis zur darüber liegenden Miethöhe nach Mietspiegel
„ausgereizt“ werden.
Diese Kappung, so das Amtsgericht Hannover, sei nach den Grundsätzen
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten. Denn der Vermieter dürfe
aus der Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Indexklausel keine Vorteile
ziehen, indem er jetzt ein höheres Niveau nach der Mietspiegelmiete
erreicht. Tatsächlich entspricht es ständiger Rechtsprechung
des BGH, dass der Verwender von Formularklauseln sich nicht auf deren
Unwirksamkeit berufen und daraus Vorteile ziehen darf (BGH, Urteil vom
25.2.2016 – VII ZR 49/15, IMR 2016, 211; BGH, Urteil vom 30.6.2016
– VII ZR 188/13, IBR 2016, 521).
Mit diesem Ansatz muss nach Auffassung des AG Hannover innerhalb eines
Zustimmungsverlangens auf der Basis eines Mietspiegels in diesem Fall
gleichzeitig dargelegt werden, welche Erhöhung nach dem Bezugsindex
der unwirksamen Indexklausel möglich gewesen wäre. Denn der
Mieter dürfe darauf vertrauen, dass die vertraglich vereinbarte Miete
sich nicht weiter erhöht als nach dem Index möglich. Die Unterlassung
dieser Angaben im Mieterhöhungsverlangen führe zu dessen formeller
Unwirksamkeit.
Konsequenz:
Der Vermieter muss ein neues Mieterhöhungsverlangen an den Mieter
richten und nochmals zur Zustimmung auffordern.
Um das klar zu sagen: Diese Konsequenz folgt nicht aus den Regeln für
ein Mieterhöhungsverlangen auf der Grundlage eines gesetzlich anerkannten
Begründungsmittels innerhalb des Mietpreisrechts, sondern aus dem
Recht zur Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen.
Nachzutragen ist:
Auch in der Gewerberaummiete muss die Indexklausel neben Mieterhöhungen
auch Mietsenkungen je nach der Entwicklung des Bezugsindexes möglich
machen, soll die Unwirksamkeitsfolge vermieden werden. Allerdings stellen
sich hier die für die Wohnungsmiete skizzierten Folgeprobleme nicht;
denn entweder einigen sich die Parteien dann nach gemeinsamer Verhandlung
auf eine erhöhte Miete oder der Vermieter spricht eine Änderungskündigung
aus, verbunden mit dem Angebot auf Abschluss eines neuen Mietvertrags
mit der gewünschten erhöhten Miete. Natürlich sind fest
vereinbarte Laufzeiten, Options- und Verlängerungsrechte des Mieters
und bei unbefristet abgeschlossenen Gewerbemietverträgen Kündigungsfristen
zu berücksichtigen; ferner das Risiko, dass der Mieter abspringt.
Aber dieses Risiko ist auch im Falle einer Mieterhöhung nach einer
Indexklausel immer zu berücksichtigen.
© Dr. Hans Reinold Horst
News/Presse
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