Corona und Miete:
Maskenpflicht und Pflicht zur Hygieneprophylaxe im Mehrfamilienhaus?
(ho)
Corona lebt - leider wieder deutlich intensiver. Die Infektionsdynamik
nimmt spürbar zu. Stadtbezirke und ganze Städte werden zum Risikogebiet
erklärt, Reiseeinschränkungen und Beherbergungsverbote diskutiert.
Die „AHA-Regel“ (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) wird als
derzeit einziges Mittel zur Eindämmung der Pandemie auch zu Recht
von der Politik beschworen und in den einzelnen landesweiten Corona-Verordnungen
in Form von Abstandsgeboten und persönlichen Kontaktbeschränkungen
umgesetzt. Das reicht bis zur Regelung privater Feiern.
Die drängende Frage daraus:
Ist daraus eine Maskenpflicht und die Pflicht zur
Hygieneprophylaxe im Mehrfamilienhaus abzuleiten?
Öffentlich-rechtlich gibt es für die Maskenpflicht auch in
privaten Häusern keinerlei Vorgreiflichkeiten. Die Corona-Verordnungen
der Länder beschränken sich auf die Maskenpflicht in öffentlichen
Verkehrsmitteln, Geschäften und anderen dem öffentlichen Publikum
offenstehenden Räumlichkeiten. Masken müssen also in Gemeinschaftsbereichen
von Mehrfamilienhäusern, zum Beispiel in Treppenhäusern und
Fluren oder in Kellergeschossen nicht angelegt werden. Eine andere Frage
ist, ob man dies aus einem eigenen Schutz vor Ansteckungsgefahren
anders handhaben sollte. Das ist aber eine persönliche
Frage, die jeder Vermieter und jeder Mieter ebenso für sich
selbst persönlich beantworten muss. Eine
gesetzliche Pflicht dazu existiert bislang nicht – noch nicht.
Daran schließt sich die Frage an, ob der Vermieter
zum Beispiel vertraglich solche Verhaltensweisen vorgeben kann
oder gar vorgeben muss. Natürlich hat der Vermieter aus dem Mietvertrag
heraus Fürsorge-, Obhuts- und Schutzpflichten für den Mieter
als seinen Vertragspartner. Auch das Gesetz stellt in allgemeiner Form
auf diesen Gedanken ab (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Pflichten beziehen
sich aber auf den baulichen Zustand des Gebäudes, der Wohnung und
des Grundstücks. Daraus weitergehend eine allgemeine Verpflichtung
zur Gesundheitsvorsorge für den Mieter abzuleiten, würde den
Pflichtenkreis aus dem Mietvertrag bei weitem überspannen und kann
deshalb nicht angenommen werden. Vielmehr gehört die (abstrakte)
Ansteckungsgefahr mit dem covid-19-Virus zum allgemeinen Lebensrisiko
eines jeden Menschen, damit natürlich auch eines jeden Mieters.
Davor kann der Vermieter auch nicht beschützen.
Nach hier vertretener Auffassung lässt sich auch mietvertraglich
ein solch persönliches Handlungsgebot als verpflichtende Anweisung
nicht regeln, insbesondere nicht im „Kleingedruckten“. Denn
bei vorformulierten Vertragsklauseln kontrollieren Gerichte deren Inhalt
und deren Auswirkung besonders streng (AGB-Klauselkontrollrecht).
Mit diesem Ansatz kann dem Vermieter auch nicht verpflichtend
aufgegeben werden, Hygieneprophylaxe in Form von Desinfektionsspendern,
Handschuhen, Gesichtsmasken etc. zum
Beispiel am Hauseingang für Mieter und Besucher bereit zu
halten. Auch hier ist es eine andere Frage des eigenen Empfehlungsmarketings
in Coronazeiten, dies gleichwohl umzusetzen, um den Mieter damit als Kunden
weiter zu binden. Wenn man sich dazu entschließt, ist es sinnvoll,
dies auch mit einem entsprechenden Aushang in mehreren Sprachen und mit
darstellenden Piktogrammen zum Beispiel am Hauseingang zu begleiten, um
so über angezeigte Hygienemaßnahmen in der Coronazeit zu informieren
und entsprechend dazu aufzufordern.
Nochmals:
Dies ist aber kein „Muss“, sondern eine rein freiwillig basierte
eigene Entscheidung eines jeden Vermieters.
Etwas anderes folgt im Ergebnis auch nicht aus seiner Verkehrssicherungspflicht
für Gebäude und Grundstück. Auch sie bezieht sich nur auf
den (baulichen) Zustand. Nur insoweit ist es ihm aufgegeben, durch einen
möglichst gefahrlosen Zustand von Gebäude und Grundstück
dafür zu sorgen, dass Mieter, Familienangehörige und Besucher
durch den Bauzustand oder durch den Grundstückszustand nicht geschädigt
werden. Die Gewährleistung einer Freiheit von Corona-Viren zählt
dazu sicherlich nicht. Denn sie hat mit dem Zustand von Haus, Wohnung
und Grundstück nichts zu tun. Die Ansteckungsgefahr aufgrund einer
vorhandenen Virenlast im Umfeld stellt sich vielmehr als „höhere
Gewalt“ im Rahmen eines allgemeinen Lebensrisikos dar, das jeden
Menschen trifft und vor dem deshalb nicht bewahrt werden kann. Das Mietrecht
kann und will davon keine Ausnahmen schaffen.
Kommen wir schließlich zu der Frage, ob Vermieter und Mieter Menschen
mit erkennbaren Krankheitssymptomen den Zugang zum Haus, bzw.
zur gemieteten Wohnung verwehren und Hausverbot erteilen können.
Das gilt zum Beispiel für Besucher, Handwerker und für Mitarbeiter
des Vermieters oder für Mitarbeiter beauftragter Unternehmen. Der
Mieter kann das ganz sicher in Vollzug seines Hausrechtes für den
Bereich der eigenen Wohnung, der Vermieter in Bezug auf die Gemeinschaftsflächen
des Hauses, die keinem Mieter zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen
sind.
Untermieter, Angehörige und Familienmitglieder, die mit dem Mieter
gemeinsam in der Wohnung eine Haushaltsgemeinschaft bilden, stellen einen
Sonderfall dar. Denn ihnen ist gemein, dass sie abgeleitet vom Mieter
ebenso ein Nutzungsrecht an der Wohnung haben. Folglich kann Ihnen auch
der Zugang durch den Vermieter nicht verwehrt werden. In diesen Fällen
liegt die Lösung in einem möglichst schnellen und rückhaltlos
offenen Austausch mit dem (gesunden) Mitglied der Haushaltsgemeinschaft,
verbunden mit der Aufforderung zu „coronagerechtem“ Verhalten.
Das beinhaltet das Gebot der sofortigen Aufklärung der gesehenen
Krankheitssymptome durch Inanspruchnahme medizinischer Hilfe und durch
einen Coronatest. Das beinhaltet weiter eine selbstauferlegte Quarantäne
für den betroffenen Kranken, bis die Ursache der gesehenen Krankheitssymptome
abgeklärt ist. Kann das im Konsens nicht erreicht werden und stößt
diese Ansinnen auf Unverständnis, bleibt die Unterrichtung des örtlichen
Gesundheitsamtes in seiner Funktion als Ordnungsbehörde.
© Dr. Hans Reinold Horst
News/Presse
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